Luft holen!

Er hängt an der Wand einer Schulfreundin, die mit doppeltem Bruch des Sprunggelenks grad ans Haus gefesselt ist. Sie braucht dieses geistliche „Luft holen“, sagte sie mir beim Besuch. Meine Tochter nahm den Kalender mit ins Büro, eine kurze Atempause für Menschen zwischen Bildschirmen und Schreibtisch. Auch für mich gehört er zu diesen Wochen. Nur einmal, in Corona-Zeiten, da war er ausverkauft.

„Luft holen“ – ein guter Titel. Dazu „Fenster auf“ als Motto für die erste Woche, samt Bibelwort „Da machte Gott der Herr den Menschen aus Staub von der Erde und blies ihm den Odem des Lebens in die Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen“ (Gen 2,7).

Manchmal fühlen wir Erdenschwere. Der Körper zwickt und zwackt. Belastungen und Sorgen nehmen die Luft zum Atmen. „Aus Erde gemacht“ sind wir, „Fleisch“ so sagt die Bibel. Wie wahr! Aber da ist auch das andere: Der Odem des Lebens durchströmt uns, von Gott hineingeblasen macht er uns zu lebendigen Wesen. Jeder Atemzug erinnert uns daran.

Tut er das? Meist nehmen wir es gar nicht wahr. Erst dann, wenn der Atem stockt oder uns die Luft ausgeht. Dabei könnte es so einfach sein. Einfach „Fenster auf“, frische Luft rein lassen, erst mal tief durchatmen, so wie die Krankenschwester, die morgens für die Patienten erst mal das Fenster aufmacht, damit der frische Sauerstoff die abgestandene Luft vertreibt. Und die Müdigkeit. Und einen Schuss Mut und Lebenskraft gibt, einen Hauch vom Odem Gottes.

Auch Jesus wusste um Atempausen. Immer wieder ging er „Luft holen“ in allem Trubel mit all den Menschen, die was von ihm wollten. Allein zog er sich zurück, war plötzlich verschwunden. An diesen Rückzugsorten betete er, war in Kontakt mit Gott.

Eine gute Idee, auch für uns. Also Luft holen und durchatmen. Unsere kleine Auszeit mit Gott. Und wenns nur ein tiefer Atemzug ist, der uns durchströmt und bewusst macht: „Ich bin Geschöpf Gottes“. Bei jedem Atemzug uns erinnern, dass Gott uns zu lebendigen Wesen gemacht hat, die leben, lieben, ihn loben. Fenster auf für Gott und atmen vom „Odem des Lebens“.

 

Pfarrerin Gabriele Krohmer
Referentin bei Dekan Zweigle